Online-Diskussion: Lust auf Finanzbildung – Hessen macht’s vor 

Veranstaltungsreihe „Bildung4Future“

Am 5. Mai haben wir über die hessische Strategie zur Förderung der Finanzkompetenz in der Bevölkerung diskutiert. Wenn auch im internationalen Vergleich die Deutschen in Sachen Finanzwissen recht gut dastehen, so fühlen sich immer noch viel zu viele von der Komplexität finanzieller Entscheidungen überfordert. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene wünschen sich mehr Wissen und Kompetenz in Finanzangelegenheiten. Finanzbildung muss also vor allem in Schule eine bedeutende Rolle spielen, da sie der Ort ist, an dem alle Menschen unabhängig von Herkunft und Bildungsgrad erreicht werden.  

Hessen ist Vorreiter für starke Finanzkompetenz. Welche Strategie verfolgt das Hessische Ministerium der Finanzen, um seine Bürgerinnen und Bürger fit in Sachen Finanzen zu machen? Welche Partnerschaften und Netzwerke gibt es und welche Maßnahmen werden ergriffen? Und welche Rolle spielt Schule? Wie stärkt das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen Lehrkräfte im eigenen Bundesland, um Kindern und Jugendlichen anwendungsbezogenes Basiswissen in Geldangelegenheiten zu vermitteln? 

Darüber haben wir ausführlich mit unseren Gästen diskutiert:

  • Dennis Färber & Andras Rolker – Hessisches Ministerium der Finanzen 
  • Ulrike Naumann – Hessisches Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen 
  • Prof. Dr. Carmela Aprea – Universität Mannheim 
  • Prof. Dr. Andreas Hackethal – Goethe Universität

  

„Hessen hat aufgrund seiner besonderen Rolle eine Vorreiterfunktion in Sachen Finanzkompetenzförderung, denn das Bundesland ist innerhalb des Bundesrats Berichterstatter, führt die Themen (Banken, Börsen, Fonds, Anlegerschutz etc.) für alle Bundesländer zusammen und kümmert sich um alle Gesetzgebungsverfahren. Das Hessische Finanzministerium möchte Basiskompetenzen für die breite Bevölkerung in allen Lebensphasen bereitstellen und die Finanzkompetenz bei allen Menschen fördern. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Hessischen Bildungsministerium möchte es auch daran mitwirken, dass das Thema in die Schulen kommt. Wie das konkret gelingen kann, dazu hat sich Hessen Vorbilder im europäischen Umfeld gesucht, um daraus eine Strategie zu entwickeln, wie das mit einem breiten politischen Konsens auf Bund- und Landesebene in die Praxis umgesetzt werden kann. Die Aufgabe des Bundes muss sein, eine übergeordnete Strategie zu entwickeln und zu organisieren und für die Umsetzung in der Praxis sind die einzelnen Länder mit ihren dort vertretenen Institutionen zuständig.“

Andreas Rolker

„Wichtig in der Strategie Hessens ist, dass die Vermittlung der Finanzkompetenz den evidenzbasierten Lebensphasenansatz begleitet. Finanzbildungsangebote müssen an der Lebenswirklichkeit einer konkreten Zielgruppe zu einem konkreten Thema ausgerichtet sein und von da aus zu einer Handlungskompetenz befähigen. Ein wichtiges Thema für das Hessische Ministerium ist das Thema Finanzkompetenz rund um den Berufseinstieg. Für Auszubildende gibt es den Zukunftstag, ein Angebot, das es bereits in Schulen gibt und das nun gezielt auch in kleineren Unternehmen für die Auszubildenden angeboten wird. Das Projekt wurde als Kick-Off in Kooperation mit der IHK Hessen und dem „Zukunftstag“ durchgeführt, der gemeinnützigen Bildungsorganisation und Initiative für wirtschaftliche und finanzielle Jugendbildung. Weitere Veranstaltungen sind auch mit Handwerkskammern im ländlichen Raum geplant.“

Dennis Färber

„Hessen ist curricular in Sachen Finanzbildung und ökonomische Bildung ziemlich gut aufgestellt. Dennoch: Wir brauchen in der Schule einen Perspektivwechsel. Es muss gesehen werden, dass ökonomische Bildung ein unglaubliches wichtiges Thema ist und eine große Rolle auch für unser demokratisches Staatswesen spielt, weshalb auch Eltern eingebunden werden müssen. Insofern hat es eine fächerübergreifende Bedeutung und kann und sollte von allen Lehrkräften in ihren jeweiligen Fachunterricht einfließen. Entwicklungsaufgabe und Ziel muss es sein, die Sekundarstufe I stärker in den Blick zu nehmen, denn Studien haben ergeben, dass besonders der Haupt- und Realschulbereich besonders förderwürdig ist. Finanz- und Verbraucherbildung stehen im Schulgesetz und stellen einen besonderen Erziehungs- und Bildungsaufgabe dar. Darüber müssen Lehrkräfte noch stärker informiert und unterstützt werden, damit es gelingt, Kinder und Jugendlichen mehr Finanzkompetenz zu vermitteln: über Fortbildungen, qualitätsgesicherte Materialien, Bewusstmachung, Einbindung von außerschulischen Kooperationspartner etc.“

Ulrike Naumann 

„Es gibt eine Vielzahl von Angeboten, aber – so das Ergebnis der Bestandsanalyse der Universität Mannheim – sie sind unstrukturiert und wenig aufeinander koordiniert. Von daher bedarf es unbedingt einer Strategie und Koordination, gerade mit Blick auf die unterschiedlichen Lebenssituationen, damit es zu einer Passung der Zielgruppe und ihren verschiedenen Bedarfen mit den entsprechenden Angeboten kommt. Lehrkräfte, die Angebote von externen Finanzbildungsanbietern und deren Expertise nutzen, müssen in der Fülle der Angebote – vor allem wenn sie fachfremd Finanzbildung in ihrem Unterricht anbieten wollen – beurteilen können, ob es qualitätsgesicherte Materialien sind hinsichtlich der Inhalte, der Didaktik und Neutralität. Es liegt ein großes Potenzial darin, Finanzbildung auch fächerübergreifend in Schule zu vermitteln. Was wir dann aber dringend brauchen, sind Aus- und Fortbildungskonzepte für Lehrkräfte, damit fachfremde Lehrkräfte in der Lage sind, das Thema in ihren Unterricht zu integrieren. Lehrkräfte müssen ökonomische Grundideen verstanden haben, um das in ein Lernangebot transformieren zu können. Um solche Konzepte zu entwickeln, braucht es Fachkompetenz, aber auch pädagogischen und didaktischen Sachverstand.“

Prof. Dr. Carmela Aprea

„Im Idealfall sind Wissens- und Vermittlungsangebote und vermittelnde Personen da, wenn man zu einer bestimmten Zeit im Leben konkrete Fragen zu Finanzangelegenheiten hat. Um bei komplexen Fragen zu Finanzen und Geld zu unterstützen oder Finanzkompetenz zu vermitteln ist ein Vehikel oder Angebot hilfreich, damit die Informationen verlässlich, bedarfsgerecht und didaktisch gut aufbereitet weitergebgeben werden können. Ein solches kann zum Beispiel die seasn App der Goethe Universität sein. Sie ist ein forschungsbasierter Finanzassistent, der bei allen Finanzfragen begleitet und hilft, die Geldangelegenheiten kurz- und langfristig in den Griff zu bekommen und ein Angebot für eine moderne Finanzplanung und Finanzbildung. Darüberhinaus dient die App dazu, eine Forschungsinfrastruktur aufzubauen, um über das Nutzerverhalten zu beobachten, wie und ob sich besimmte Bildungsimpulse auf den Kenntnisstand bei den Nutzerinnen und Nutzern auswirken und ihr Verhalten beeinflussen.“

Prof. Dr. Andreas Hackethal 

Künstliche Intelligenz & Finanzkompetenz 

Zum Abschluss der Diskussion haben wir die Frage gestellt, welchen Einfluss Künstliche Intelligenz im Umgang mit den eigenen Finanzen haben wird. Wird in Zukunft ein persönlicher KI-Assistent unsere Finanzen regeln? Wird der KI-Chatbot all unsere Fragen beantworten? Welche Chancen und Risiken stecken in solchen Tools? Und welche neuen Herausforderungen erwarten uns?

Dazu unsere Experten und Expertinnen 

Andreas Rolker

„Stellt man der KI heute und morgen dieselbe Frage, gibt es zwei verschiedene Antworten und es gibt keine Begründung, warum die Antwort gestern falsch war. Das heißt: Wenn man der KI vertrauen will, dann muss man ein gewisses Grundwissen zum befragten Thema haben. Die technischen Möglichkeiten auf Seiten der Finanzdienstleister entwickeln sich tatsächlich rasant, sodass es zu KI-generierten Angeboten kommen wird. Abzuwarten bleibt, wie nutzerkonform sie sein werden. In jedem Fall tun alle gut daran, uns heute um Finanzbildung zu kümmern, damit morgen die Entscheidungen allein nicht ausschließlich KI-gestützt sind.“  

Prof. Dr. Carmela Aprea

„Ein KI-Chatbot oder Finanzassistent wird ein sehr wirkmächtiges Tool sein. Es ist eine Chance und ist in seiner Entwicklung nicht mehr so weit von uns entfernt. Fraglich ist, ob vulnerable Gruppen davon wirklich profitieren werden. Gerade angesichts der voranschreitenden KI-Entwicklung ist eine Finanzbildungsstrategie, die die Bedarfe der aktuellen und künftigen Lebenswirklichkeit justiert, umso dringlicher, da der Einsatz von KI wiederum zusätzliche Kompetenzen erfordert. Die Beurteilung der KI-generierten Informationen und die Entscheidungen werden nicht weniger komplex sein. Künstliche Intelligenz wird die Kompetenzanforderungen eher noch erhöhen.“  

 Prof. Dr. Andreas Hackethal

„Wir sind nicht mehr weit entfernt von der Entwicklung eines persönlichen KI-Assistenten. Momentan ist jedoch noch die Frage, wie trainiert man ein System, das auf Basis meiner Informationen Entscheidungen für mich vorbereitet. Dazu ist die Datenlage noch zu dezentral, aber sie werden zusammengeführt und verfügbar gemacht werden. Dann kann man – sofern man das möchte – einer KI die persönlichen Daten zur Verfügung stellen. Das Thema Finanzen ist angetan, KI zur Hilfe zu nehmen. Viele Menschen möchten sich nicht so ausgiebig damit beschäftigen und sie sind froh, wenn sie gewisse Finanzthemen und -probleme an eine KI delegieren können.“ 

Dennis Färber

„Als User von KI entbindet mich ein Chatbot nicht der Aufgabe, entsprechende Informationen zu liefern und Fragen zu stellen. Allein dafür muss ich finanzielle Basiskompetenzen mitbringen, um eben die richtigen Fragen zu stellen.“  

Ulrike Naumann

„Die KI kann niemals die persönliche Vermittlung einer Lehrkraft ersetzen. Sie kann zur Effizienzsteigerung beitragen, aber es braucht die didaktische Aufbereitung und jemanden, der die Inhalte prüft. Schülerinnen und Schüler lernen personenbezogen und insofern hängt der Bildungserfolg auch ein Stück weit an der Persönlichkeit der Lehrkraft. 

Videomitschnitt und Flyer


Die gesamte Dokumentation zum Anschauen auf YouTube 


Flyer zur Veranstaltung als PDF zum Download

Veranstalter und Partner 

Logo: Eduversum GmbH Verlag und Bildungsagentur

Als Agentur für Jugend- und Bildungskommunikation bieten wir Full-Service – von der Konzeption bis zur erfolgreichen Umsetzung und Verbreitung. Wir sind Markführer in der digitalen Kommunikation mit Schulen und sind intensiv mit der deutschen Bildungslandschaft vernetzt.